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Roter Lippenstift ist heute ein Modeaccessoire, ein Ausdruck von Stil und Selbstbewusstsein.
Doch während der Zeit des Nationalsozialismus hatte er eine tiefere, politische Bedeutung.
Die Nationalsozialisten propagierten ein ganz bestimmtes Frauenbild – sittsam, natürlich, auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter reduziert. Ein knallroter Mund stand im krassen Gegensatz zu dieser Ideologie und wurde zu einem stillen, aber wirkungsvollen Zeichen des Widerstands gegen den Faschismus.
Das Frauenbild im Nationalsozialismus
Im nationalsozialistischen Deutschland wurde das Leben von Frauen streng nach ideologischen Vorgaben geformt. Ihr Platz war zu Hause, ihre Aufgabe die Erziehung „arischer“ Kinder. Schönheitspflege war zwar nicht grundsätzlich verpönt, doch sie sollte stets „natürlich“ wirken. Übertriebene Schminke galt als unpassend und wurde mit Unmoral oder gar mit jüdischen, bolschewistischen oder amerikanischen Einflüssen assoziiert.
- Frauen wurden auf ihre Rolle als Mutter und Ehefrau reduziert.
- Kosmetika waren nicht verboten, sollten aber zurückhaltend verwendet werden.
- Die NS-Ideologie verteufelte „dekadente“ oder „ausländische“ Schönheitsideale.
In diesem Kontext galt roter Lippenstift als unangemessen, provokant und unerwünscht – genau deshalb wurde er für viele Frauen zu einem bewussten Statement gegen den Faschismus.
Roter Lippenstift als Zeichen der Rebellion
Trotz der offiziellen Ablehnung erfreute sich roter Lippenstift großer Beliebtheit – und das nicht nur heimlich. Frauen, die sich damit schminkten, widersetzten sich der nationalsozialistischen Norm und setzten ein Zeichen für Individualität und Selbstbestimmung. Besonders in städtischen Gebieten trugen Frauen ihn als ein stilles Symbol des Widerstands.
Besonders brisant war, dass die Alliierten roter Lippenstift als Zeichen der Freiheit und Stärke feierten. In den USA war roter Lippenstift während des Zweiten Weltkriegs ein Symbol der Frauen, die in Fabriken arbeiteten, um die Kriegsproduktion zu unterstützen. Ikonen wie Rosie the Riveter trugen ihn als Zeichen von Emanzipation und Kampfgeist.
Während in Deutschland roter Lippenstift als „unpatriotisch“ galt, förderte er in den alliierten Ländern das Bild der starken, unabhängigen Frau – ein direkter Gegensatz zur deutschen NS-Ideologie.
Die Rolle des Lippenstifts in der weiblichen Widerstandsbewegung
Einige Frauen aus dem Widerstand nutzten den roten Lippenstift ganz bewusst als Waffe gegen die Nationalsozialisten. Es war eine Möglichkeit, sich nicht brechen zu lassen, sich weiterhin als selbstbestimmtes Individuum zu sehen. Auch jüdische Frauen in den Ghettos oder Konzentrationslagern trugen ihn manchmal, wenn sie die Möglichkeit hatten, als eine Form des psychischen Widerstands.
Zudem setzten die Alliierten Lippenstift sogar gezielt in der psychologischen Kriegsführung ein. Nach der Befreiung der Konzentrationslager wurden überlebenden Frauen Lippenstifte gegeben – ein kleiner, aber symbolträchtiger Akt, der ihnen ihre Würde und ihre Weiblichkeit zurückgeben sollte.
Fazit: Kosmetik als politisches Statement
Roter Lippenstift war im nationalsozialistischen Deutschland mehr als nur ein Schminkprodukt – er wurde zum Zeichen des stillen Widerstands. Während das Regime Frauen in enge gesellschaftliche Normen zwängen wollte, nutzten viele den Lippenstift als Ausdruck ihrer Rebellion gegen den Faschismus. Besonders in Abgrenzung zu den Alliierten zeigte sich die symbolische Kraft dieser Farbe: Während er in Deutschland als unpatriotisch galt, wurde er in der freien Welt als Zeichen von Stärke und Selbstbestimmung gefeiert.
Auch heute bleibt roter Lippenstift ein Symbol für Feminismus und Widerstand gegen unterdrückerische Ideologien – ein Zeichen dafür, dass selbst die kleinsten Gesten eine große politische Aussage haben können.
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Häufig gestellte Fragen zu rotem Lippenstift im Nationalsozialismus
Warum war roter Lippenstift im Nationalsozialismus unerwünscht?
Roter Lippenstift widersprach dem idealisierten Frauenbild der Nationalsozialisten. Sie propagierten eine „natürliche“ Weiblichkeit, die sich auf Mutterschaft und Hausarbeit konzentrierte, während roter Lippenstift mit Unmoral und ausländischen Einflüssen assoziiert wurde.
Gab es ein offizielles Verbot für roten Lippenstift?
Nein, es gab kein direktes Verbot. Allerdings wurde er gesellschaftlich geächtet, und Frauen, die ihn trugen, galten als unangepasst oder gar regimekritisch.
Wie wurde roter Lippenstift im Widerstand eingesetzt?
Viele Frauen trugen ihn als Zeichen der Rebellion gegen das Regime. Besonders nach der Befreiung der Konzentrationslager wurde Lippenstift von den Alliierten als Symbol für Würde und Selbstbestimmung eingesetzt.
Welche Bedeutung hat roter Lippenstift heute im Feminismus?
Roter Lippenstift wird nach wie vor als Symbol für weibliche Stärke, Selbstbewusstsein und Widerstand gegen patriarchale Normen gesehen. Er ist eine Hommage an jene Frauen, die sich nicht in gesellschaftliche Zwänge pressen ließen.