Wie du kognitive Verhaltenstherapie selbst anwenden kannst
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Gewisse mentale Probleme alleine zu bewältigen erfordert Willenskraft und Durchhaltevermögen, doch es ist nicht unmöglich.
Einige Behandlungsmethoden aus der kognitiven Verhaltenstherapie kannst du selbst, ohne Therapeut_in ausprobieren.
Natürlich will ich niemandem von psychotherapeutischer Begleitung abraten*, doch da Therapieplätze oft nicht sofort verfügbar sind, finde ich es wichtig, über Alternativen aufzuklären. Zuerst erkläre ich dir kurz, was man unter kognitive Verhaltenstherapie versteht. Danach geht es direkt an die praktische Arbeit mit einem Behandlungsansatz.
*(Bei akuten Erkrankungen, starken körperlichen Symptomen etc. ist es definitiv ratsam, aktiv professionelle Hilfe und Unterstützung zu suchen / siehe auch gesundheitsinformation.de oder erkundige dich direkt bei deinen Hausärzten)
Was ist kognitive Verhaltenstherapie (KVT) ?
Kognitive Verhaltenstherapie wird zur Behandlung von vielen psychischen Störungen eingesetzt, wie zum Beispiel Depressionen, Zwangsstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen, Angst- & Essstörungen.
Die (KVT) ist eine weit verbreitete Form der Psychotherapie, die darauf abzielt, psychische Probleme zu identifizieren und ungesunde Denkmuster und Verhaltensweisen zu verändern. Sie basiert auf der Annahme, dass Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen miteinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen.
In der Therapie arbeiten Therapeuten eng mit den Patienten zusammen, um negative Denkmuster zu identifizieren, die emotional belastend sind oder zu destruktivem Verhalten führen können. Durch gezielte Techniken, wie der kognitiven Umstrukturierung, fordert der/die Therapeut_in diese Denkmuster heraus, um sie durch realistischere und hilfreichere Gedanken zu ersetzen. Somit entwickelt sich eine positive Veränderung im Denken, Fühlen und Handeln des/der Patienten_in.
Spannend sind auch Verhaltensexperimente, bei denen Patienten neue Verhaltensweisen ausprobieren, um positive Erfahrungen zu sammeln und ihre alten Denkmuster zu überprüfen.
Negative Denk- und Verhaltensmuster
Um dir eine bessere Vorstellung davon zu geben, wie individuelle negative Denkmuster aussehen können, findest du hier eine kleine Auflistung mit Beispielen. Diese eigenen Gedanken sind meist in unserer Kindheit erlernt worden und stark in der Psyche verankert.
„Alles-oder-Nichts“-Denken – Denken in unrealistischen Extremen. Beispiel: Eine Kleinigkeit geht schief und du denkst direkt: ,,Alles ist schlimm!“ Obwohl du generell eigentlich ein ganz gutes Leben hast.
Verallgemeinerung – Das Finden kleiner Muster und das sofortige Annehmen, dass diese immer gelten. Beispiel: du stehst morgens ab und zu im Stau, bist aber jeden Tag genervt, weil du denkst, dass du bestimmt wieder im Stau stehen wirst.
Mentales Filtern – Fokussieren auf negative Beweise, die unsere inneren Gedanken bestätigen, und das Ignorieren von Beweisen dagegen. Beispiel: Du hällst nicht viel von Dating und dein erstes Date lief tatsächlich nicht gut. Daraufhin ziehst du dich direkt zurück, weil du denkst, dass alle Dates für dich sinnlos sein werden. Auch wenn andere Menschen schon gute Erfahrungen gemacht haben.
Katastrophieren – Sofortiges Annahme, dass das Schlimmste passieren wird. Beispiel: Du sollst eine Präsentation halten und weil du es noch nie gemacht hast, denkst du, dass es bestimmt total schief laufen wird.
„Sollte“-Gedanken – Das Wort „sollte“ auf alles anwenden, was wir tun, führt zu unrealistischen Erwartungen an uns selbst. Beispiel: Du nimmst dir vor öfter Sport zu treiben, schaffst es sogar ab und zu, aber nicht jeden Tag. Statt dich über die Tage zu freuen, an denen du es schaffst, denkst dir jeden Tag ,,Ich sollte es doch immer schaffen!“
Etikettierung – Das Anwenden von Etiketten auf uns selbst oder andere. Beispiel: ,,Ich bin nicht gut genug.“ (Job, Beziehung, Hobbies,…).
Personalisierung – Sich selbst für alle Geschehnisse verantwortlich machen, unabhängig davon, ob wir darüber Kontrolle haben. Beispiel: Du planst eine Reise und verpasst deinen Flug, weil du auf dem Weg zum Flughafen eine Zugverspätung hattest. Du denkst, du hättest alles besser planen sollen, und gibst dir selbst die Schuld für den verpassten Flug. Dabei hattest du keinen Einfluss auf den verspäteten Zug.
Systematische Fragestellungen als Behandlungsansatz
Wie du anhand der Beispiele oben sicherlich bereits gemerkt hast, schwirren in unserem Kopf viele Gedanken herum, die uns selbst unter Druck setzen und Stress auslösen.
Wenn wir diese Sätze jedoch von außen betrachten, können wir deren realistische Bewertung vornehmen und ihre Angemessenheit prüfen. Daher fällt es uns auch oft leicht Freunden einen guten Rat zu geben. Unsere eigenen Überzeugungen zu reflektieren, ist manchmal jedoch ein wenig komplexer.
Mit einer gezielten Fragestellung, kannst du deine eigene Wahrnehmung schrittweise erweitern und deine dysfunktionalen Gedankenmuster wirksam umwandeln. Wenn es dir hilft, kannst dir vorstellen, dass du deine Situation einer vertrauten Person schilderst. Stelle dir selbst folgende Fragen und schreibe die Antworten am besten auf. So kannst du reflektierter damit arbeiten und sie aufheben, falls ähnliche Situationen und Gedanken wiederkehren.
- Was erlebe ich gerade?
- Was denke ich, was geht in mir vor?
- Was fühle ich diesbezüglich?
- Gibt es Beweise, die meine Gedanken bestätigen?
- Was könnte im schlimmsten Fall passieren? Wie wahrscheinlich ist das?
- Was würde im besten Fall passieren? Wie wahrscheinlich ist das?
- Was würde ich einem Freund/ einer Freundin raten, wenn er oder sie in der gleichen Situation wäre?
- Gibt es einen anderen Blickwinkel, aus dem man die Situation betrachten könnte?
- Was kann ich als nächstes tun, um mich besser zu fühlen und/oder die Situation zu lösen?
- Wie fühle ich mich jetzt? Haben sich meine Gefühle verändert?
Forschungen haben ergeben, dass sich das Wohlbefinden verbessert, wenn wir beginnen unsere Gedanken und Verhaltensmuster zu erforschen. Denn es gibt uns ein Gefühl von Kontrolle über unser Leben. Außerdem bilden sich, durch den Prozess der Umwandlung von alten Gedankenmustern, neue Verbindungen im Gehirn. Das Gehirn beginnt sich neu aufzubauen und toxische Strukturen werden abgebaut.
Die meisten der negativen Gedanken stammen aus unserer Kindheit, in der das Gehirn noch nicht weit genug entwickelt war. So konnten wir uns noch nicht richtig selbst emotional regulieren. Wenn niemand da war, der uns vertrauensvoll unterstützen und anleiten konnte, bleiben wir in diesen Mustern stecken. Wir entwickeln uns erst weiter, wenn wir selbst mit der mentalen Arbeit beginnen.
Du kannst dir die 10. Fragen jedes Mal zur Hilfe nehmen, wenn du merkst, dass du dich in einer depressiven Phase oder negativen Denkspirale befindest.
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