Tod der Mutter: wie sich ein früher Verlust der Mutter auf die Psyche auswirkt

Tod der Mutter

Über dieses Thema zu schrieben liegt mir besonders am Herzen, denn ich habe meine Mutter selbst, im Alter von 8 Jahren, durch eine Krebserkrankung verloren. Die Beziehung zu meiner Mutter war sehr eng. Ich hing in diesem jungen Alter wesentlich mehr an ihr, als an meinem Vater, daher war ihr Verschwinden für mich extrem erschütternd. Als junges Kind versteht man sterben, letzten Atemzug, Beerdigung / Bestattung, Trauerfeier oder Beileid nicht wirklich. Du weißt nur, dass jemand plötzlich weg ist und du verstehst weder warum, noch, dass dieser Jemand niemals wieder zurück kommen wird.

Der Tod der Mutter, der Mama, ist besonders als Tochter sehr schwierig in Worte zu fassen. Die tiefe der Traurigkeit von Söhnen ist die gleiche doch die Beziehung zur Mutter, als Tochter, ist anders. Wir identifizieren uns mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil wesentlich mehr. Wenn die eigene Mutter stirbt, verlieren wir als Kinder nicht nur ein Vorbild und einen geliebten Menschen, wir verlieren unseren stärksten Halt im Leben, unseren Zufluchtsort und innige Fürsorge. Wenn die Mutter nicht mehr da ist, fehlt die erste Anlaufstelle für emotionale Probleme. Die meisten Kinder wenden sich zuerst an die Mutter, wenn sie Sorgen haben, denn Mütter sind in der Regel etwas enger mit den Kindern verbunden und können sich emotional besser mit ihnen auseinandersetzen. 

Nach dem Tod der eigenen Mutter sind wir plötzlich mutterseelenallein, im wahrsten Sinne des Wortes.

In den Phasen der Trauer kann ein Vater nur helfen, wenn er selber Unterstützung erhält, psychisch und physisch. Denn auch er verliert seine Partnerin und ist plötzlich allein für die finanzielle Sicherheit der Familie verantwortlich.

Doch in den seltensten Fällen ist sofort genug Unterstützung für die Hinterbliebenen verfügbar.

Daher hat der Tod eines Elternteils, und besonders der Mutter, tiefgreifende und langanhaltende Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden der jungen Kinder.

Der frühe Verlust der Mutter und seine Folgen

Vielleicht hast du jetzt als erwachsene Frau oder Mann einige Probleme in deinem Leben, die sich zu wiederholen scheinen, und du fragst dich, ob oder in wiefern es mit dem Tod deiner Mutter zusammenhängen könnte. Auch ich war an diesem Punkt. Daher möchte ich dir hier einige der häufigsten Probleme auflisten, die mutterlose Kinder im Erwachsenenalter erleben können. So kannst du dich und deine aktuellen Lebensumstände vielleicht besser verstehen und dir selber helfen.

1. Emotionale Probleme:

Gefühl des Alleinseins & Verlustgefühle: Selbst Jahre nachdem die Mutter verstorben ist, können anhaltende Gefühle der Trauer präsent sein.
Depression und Angst: Durch das Verlusttrauma, ungelöste Trauer, emotionale Belastung und das erhöhte Bewusstsein der eigenen Endlichkeit, kann eine höheres Risiko für Depressionen und Angststörungen bestehen. Bei manchen schwindet sogar die Lust weiterzuleben.
Gefühle der Verlassenheit: Intensive Gefühle der Verlassenheit und Einsamkeit wirken  sich auf Beziehungen und das Selbstwertgefühl aus.

2. Bindungsprobleme:

Unsichere Bindungen: Schwierigkeiten, sichere und stabile Bindungen zu anderen aufzubauen, was zu Problemen in romantischen Beziehungen und Freundschaften führen kann.
Verlustangst: Übermäßige Angst vor dem Verlust nahestehender Personen führt zu klammerndem Verhalten oder generellem Rückzug, um den Aufbau von Gefühlen zu vermeiden.

3. Selbstwertprobleme:

Niedriges Selbstwertgefühl: Probleme mit dem Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, oft aufgrund der fehlenden emotionalen Unterstützung und Bestätigung durch die Mutter.
Selbstzweifel: Anhaltende Selbstzweifel und Unsicherheit über die eigene Fähigkeit, Herausforderungen zu bewältigen und Erfolg zu haben.

4. Verhaltensprobleme:

Vermeidungsverhalten: Tendenz, belastende Emotionen und Situationen zu vermeiden, was zu Prokrastination und anderen Vermeidungsstrategien führen kann.
Impulsivität oder Aggression: Schwierigkeiten bei der Impulskontrolle oder vermehrte Wutausbrüche, sind Anzeichen dafür, dass der Schmerz und die Trauer nicht adäquat verarbeitet wurden.

5. Interpersonelle Schwierigkeiten:

Schwierigkeiten in Beziehungen: Probleme, enge und vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen und zu pflegen, oft aufgrund von Bindungs- und Vertrauensproblemen.
Kommunikationsprobleme: Schwierigkeiten, offen über Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen, was zu Missverständnissen und Konflikten führen kann. Dies kann einen z.B. auch unauthentisch erschienen lassen. Um das wahre „ich“ zu offenbaren, müsste man sich trauen über alles zu sprechen, was einen bewegt.

6. Psychosomatische Beschwerden:

Körperliche Symptome: Psychosomatische Beschwerden wie Kopfschmerzen, Magenprobleme, Verspannungen oder chronische Schmerzen, die durch anhaltenden emotionalen Stress ausgelöst werden, sind nicht selten. Alles, was uns psychisch belastet, wirkt sich früher oder später auch auf den Körper aus. 

7. Traumareaktionen:

Flashbacks und Intrusionen: Wiedererleben des Traumas in Form von Flashbacks oder aufdringlichen Erinnerungen, besonders in belastenden oder ähnlichen, triggernden Situationen.
Hypervigilanz: Erhöhte Wachsamkeit und Sensibilität für potenzielle Gefahren, was zu anhaltender Anspannung, Stress oder Panikattacken führen kann.

Wie kannst du den eigenen Lebensweg neu bewältigen?

Für Erwachsene, die als Kinder ihre Mutter verloren haben, ist eine therapeutische Unterstützung empfehlenswert. Es ist wichtig,  dass die Trauer verarbeitet wird und den Trauerprozess nachzuholen, denn Kinder sind alleine nicht fähig Trauerbewältigung anzugehen. Besonders, wenn sie beim Verlust keine_en Trauerbegleiterin _er an der Seite hatten, die/der ihnen beistehen konnte.

Außerdem kannst du nach den Trauerphasen zusammen mit einem_er Therapeuten_in erkundest, inwiefern der Tod der Mutter deine Psyche beeinflusst hat und wie du daran arbeiten kannst, sie zu heilen. Hier sind einige Therapieansätze und Anregungen, die für dich hilfreich sein können:

Trauertherapie:

  • zur Bearbeitung der Traurigkeit und des Verlusts, um unbewältigte Emotionen zu verarbeiten und emotionale Blockaden zu lösen.

Bindungstherapie:

  • zum Aufbau von sicheren Bindungen und Verbesserung der Beziehungskompetenzen.

Kognitive Verhaltenstherapie (CBT):

  • zur Unterstützung bei der Bewältigung von Depressionen, Ängsten und Selbstwertproblemen durch Veränderung negativer Denkmuster. (Wie du kognitive Verhaltenstherapie selbst anwenden kannst, erfährst du hier)

Traumatherapie:

  • Spezifische Techniken wie EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) zur Verarbeitung traumatischer Erlebnisse.

Gruppentherapie / Trauergruppen:

  • Austausch mit anderen, die ähnliche Verluste erlebt haben, um ein Gefühl der Gemeinschaft und Unterstützung zu finden.

Tagebuch schreiben:

  • Wenn man beginnt den Schmerz und alle Gefühle zuzulassen, kann auch das Schreiben über den Tod sehr entlastend sein. Wenn wir unsere Gedanken und Gefühle in Worte fassen, und aufschreiben, beginnt unser Gehirn die Informationen besser zu verarbeiten. Mache es zu einem Ritual, jeden Tag für ein paar Minuten deine Gedanken auf Papier zu bringen.

Mit neuer Unterstützung kannst du als Erwachsene_er lernen, mit den Verlusten umzugehen und dein Leben endlich in eine positivere Richtung lenken. 

Ich habe erst sehr spät nach dem Tod meiner Mutter angefangen, mich wirklich intensiv mit Psychologie und Traumaarbeit auseinanderzusetzen. Damals konnte ich mir das Ausmass der psychischen Belastungen nicht vorstellen. Doch nachdem ich Jahre in bestimmten Verhaltensmustern feststeckte, die mich in einem Teufelskreis von toxischen Beziehungen und ungesundem Lebensstil gefangen hielten, begann ich zu verstehen, dass ich an meiner Psyche arbeiten muss, um meinem Leben einen neuen Verlauf zu ermöglichen.

Sehr viel Hilfe und Trost fand ich zum Beispiel auch in den Büchern, die ich dir unten aufgelistet habe. Falls du nicht direkt einen Therapieplatz findest, kannst du erstmal mit einem Buch als Ratgeber arbeiten. 

Dass der Tod der Eltern seine Spuren hinterlässt ist nicht zu vermeiden, doch statt diese zu verdrängen, können wir lernen mit dem Verlust besser umzugehen.

Auch heute gibt es noch Momente, in denen ich mich nach einer tröstenden Mutter, Zeit zusammen und ihrer heilenden Umarmung sehne. Doch ich bin in diesen Momenten wesentlich zuversichtlicher geworden, dass ich mir jetzt, da ich kein Kind mehr bin, auch selbst ein sicherer Hafen sein kann.

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