Wu Wei: wie du mit der Lebenskunst des Tao dein Leben verändern kannst

Wu Wei

Da ich mich sehr viel mit Traumaheilungsmethoden, persönlicher Entwicklung, Psychologie aber auch mit der traditionellen chinesischen Medizin beschäftige, ist mir aufgefallen, dass das daoistische Prinzip des WuWei parallelen zur Kognitiven Verhaltenstherapie beinhaltet. In der kognitiven Verhaltenstherapie geht es mitunter darum, die negativen Glaubenssätze und Verhaltensmuster, die wir in unserer Kindheit unbewusst entwickelt haben, zu durchbrechen und positiv umzuwandeln. 

Die Weisheit von WuWei folgt einem ähnlichen Schema, indem sie positive Verhaltensvorlagen für negative Verhaltensmuster und Glaubenssätze bietet. Diese können wir für den Vorgang der mentalen und emotionalen Arbeit nutzen.

Um diesen Zusammenhang genauer zu erklären schauen wir uns zuerst einige Ansätze der Lebenskunst des Tao (Dao) genauer an. Im Anschluss an diese kleine Einführung erkläre ich dir, welche typischen negativen Muster du damit bewältigen kannst.

Was ist das Wu-Wei Prinzip?

Der Ursprung dieser chinesischen Philosophie stammt aus dem Daoismus und kann als „Nicht-Handeln“ oder „Handeln durch Nichthandeln“ übersetzt werden. Es ist ein zentrales Konzept im Daoismus (auch Taoismus) und beschreibt eine Lebensweise, die im Einklang mit dem natürlichen Fluss des Lebens steht. Wu-Wei lehrt nicht Passivität oder Untätigkeit, sondern vielmehr ein Handeln, das spontan und mühelos erfolgt, ohne gegen die natürliche Ordnung der Dinge zu kämpfen. Hier sind einige wichtige Aspekte des Wu-Wei-Prinzip:

1. Natürlichkeit und Spontaneität: Es betont das Handeln im Gleichklang mit der Natur und den natürlichen Zyklen. Es geht darum, instinktiv und ohne Zwang zu handeln, so wie der Lauf des Wassers natürlich um Hindernisse fließt. 

2. Effizienz und Mühelosigkeit: Handlungen, die aus einem Zustand des Wu Wei erfolgen, sind oft effizienter und erfolgreicher, weil sie nicht durch übermäßige Anstrengung oder Zwang behindert werden. Es ist das Phänomen des „minimalen Aufwands“. 

3. Harmonie und Balance: Durch Wu Wei strebt man nach einem harmonischen Gleichgewicht mit der Umwelt und den eigenen inneren Zuständen. Es geht darum, im Einklang mit sich selbst und der Welt zu leben. 

4. Loslassen von Kontrolle: Wu Wei beinhaltet das Vertrauen in den natürlichen Fluss des Lebens und das Loslassen des Bedürfnisses, alles kontrollieren oder erzwingen zu wollen. Es geht darum, das eigene Ego zurückzunehmen und auf den Lauf der Dinge zu vertrauen. 

Ein klassisches Beispiel für die Lebensweisheit des Taoismus findet sich im Daodejing, einem grundlegenden Text des Daoismus, der oft dem Philosoph Laotse zugeschrieben wird. Dort wird beschrieben, wie der weise Herrscher oder der „wahre Mensch“ handelt, indem er dem natürlichen Weg (Dao) folgt und dadurch großen Erfolg hat, ohne gezwungen oder angestrengt zu agieren.

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Wie diese Lebensweisheit negative Verhaltensmuster lösen kann

Durch negative Erfahrungen in der Kindheit oder traumatische Erlebnisse, werden wir oft zu sehr unsicheren Personen und versuchen alles mögliche in unserem Leben zu kontrollieren, aus Angst vor dem Unbekannten. Oder wir setzen uns selbst zu sehr unter Druck um möglichst perfekt zu sein, denn Versagen wäre eine Bedrohung für den schwachen Selbstwert. Dies ersteckt sich auf alle Lebensbereiche, von zwischenmenschlichen Beziehungen über die Arbeit bis hin zu kreativen Prozessen.

In der Praxis kann Wu Wei also bedeuten, Entscheidungen zu treffen, die dem natürlichen Gang der Dinge entsprechen, ohne übermäßige Planung oder erzwungene Handlungen. Gemäß der kognitiven Verhaltenstherapie entspricht das dem Bestreben negative, erlernte Glaubenssätze und Verhaltensmuster zu reflektieren, in Frage zu stellen und somit mit positiven zu ersetzen.

Anhand der oben besprochenen daoistischen Ansätze kann dies zum Beispiel wie folgt umgesetzt werden:

1. Natürlichkeit und Spontaneität: 

Der erste Ansatz könnte für dich bedeuten, dass du beginnst, mehr auf deinen Körper zu hören. Wenn du dir zum Beispiel vorgenommen hast, am Wochenende eine lange To Do Liste von häuslichen Aufgaben abzuarbeiten, dann schau, wie es dir energetisch geht. Hast du viel Energie, leg los. Doch hattest du eventuell bereits eine sehr anstrengende Woche, dann lege den Fokus lieber auf Erholung und erledige vielleicht nur die Hälfte der Aufgaben. 

Es ist zwar wichtig, nicht in Chaos zu ersticken, doch es ist auch wichtig, auf den Körper zu hören. Denn wenn wir ständig unser Energielevel missachten, brennen wir irgendwann aus. Versuche also deine Körperwahrnehmung zu schärfen und verausgabe dich nicht zu oft.

2. Effizienz und Mühelosigkeit:

Bei dem zweiten Ansatz viel mir direkt eine Striktheit ein, die womöglich vielen von uns eingeprägt wurde. Es heißt, man solle erst eine Sache beenden, bevor man eine neue beginnt. Wir hörten als Kind zum Beispiel solche Sätze wie ,,Les doch erstmal das eine Buch zuende, bevor du dir ein neues holst.“  Und natürlich liegt darin auch eine gewisse Weisheit. Doch wenn man dieses Muster auf sein ganzes Leben bezieht, wird man sehr unflexibel und blockiert den Flow Zustand. 

Gerade wenn es zum Beispiel um kreative Arbeit geht. Ich habe mich zum Beispiel Jahre lang gezwungen, immer nach diesem Schema vorzugehen und ich war extrem unglücklich damit. Ich fühlte mich ständig unter Druck gesetzt und hatte das Gefühl, nie wirklich das zu tun, was mich im Moment eher interessiert hätte. So lief es zum Beispiel auch am Anfang dieses online Magazins. Ich hatte Lust zu schreiben aber ich wusste, dass ich erst die Webseite einrichten musste. Und ja, natürlich war das wichtig, doch ich dachte, ich müsste alles erst bis zur Perfektion eingerichtet haben, bevor ich mit dem Artikel schreiben beginnen konnte. Das frustrierte mich sehr. Bis ich eines Tages entschied, einfach endlich mit dem schreiben zu beginnen. Die Webseite war zwar noch nicht perfekt, aber alles funktionierte soweit, dass man sie nutzen konnte. 

Und so handle ich seither zum Großteil. Ich versuche zu schauen, worauf ich gerade Lust habe, und arbeite dann daran, soweit nicht gerade etwas anderes ansteht. Es gibt natürlich auch Tage an denen andere Dinge einfach Priorität haben, doch wenn es geht, versuche ich dem natürlichen Flow zu folgen. Entweder schreibe ich einen Artikel, oder ich optimiere die Webseite.

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3. Harmonie und Balance:

Wenn es darum geht im Gleichgewicht mit sich selbst zu leben, ist es wichtig, dass wir daran arbeiten authentischer mit unseren Mitmenschen umzugehen. Menschen mit einer traumatischen Vergangenheit können oft zu „People Pleasern“ und „Ja Sagern“ werden, denn sie haben Angst vor Konflikten oder Ablehnung, wenn sie ihre eigenen Bedürfnisse äußern. Doch die eigenen Gefühle und Wünsche ständig zu unterdrücken löst eine emotionale Dissonanz aus. Das heißt man lebt gegen seine eigentliche innere Natur und das kann mitunter sogar toxische Prozesse im Körper starten und zu Krankheiten führen. 

übe dich also darin, authentischer zu agieren. Wenn du etwas nicht willst, sag „Nein“. Wenn du mit etwas nicht einverstanden bist, sprich es an. Wenn du einen Wunsch hast, gehe ihm nach. Lebe dein Leben, wie du es wirklich möchtest. Solange du keinem anderen schadest, versuche so authentisch wie möglich zu leben, damit du nicht gegen dein wahres Ich lebst.

4. Loslassen von Kontrolle:

Wer eine unstabile und von negativen Erfahrungen geprägte Kindheit hatte, dem fehlt oft das Urvertrauen in das Leben. Man lebt mit dem Glauben, dass der einzige auf den man sich verlasen kann man selbst ist. Im besten Fall. Im schlimmsten Fall fehlt manchen sogar das Vertauen in sich selbst. 

Man versucht alle Umstände im Leben unter Kontrolle zu halten, um zumindest ein wages Gefühl von Sicherheit zu fühlen. Doch durch dieses fanatische Handeln ist wenig Raum für Zufälle und den natürlichen Lauf der Dinge. 

Was wäre zum Beispiel, wenn du seit Jahren aktiv nach einem Partner sucht, auf Dating Apps bist, zu Events gehst und an dir arbeitest, aber es tut sich einfach nichts in deinem Liebesleben. Dann entscheidest du eines Tages aufzugeben. Du hörst auf zu suchen, löscht die Apps und gehst einfach nur noch deinem Leben nach, um zumindest alleine glücklich zu sein. Dann gehst du endlich einem neuen Hobbie nach. Und plötzlich lernst du bei der Ausübung deines neuen Hobbies jemanden kennen…

Zugegeben, dieses Szenario ist ein wenig kitschig, und hört sich nach Hollywood an. Doch genau das ist mit „loslassen und Kontrolle abgeben gemeint“. Verzweifle nicht, wenn etwas nicht so läuft, wie du es dir erhofft hast. Vertraue einfach auf eine höhere Macht, zum Beispiel das Universum. Es heißt nicht, dass du direkt alles aufgeben sollst und nur noch wartend auf deiner Couch liegen bleibst. Natürlich sollte man auch etwas für seine Wünsche und Ziele tun. Doch wenn es partout nicht klappen will, dann konzentriere dich erstmal wieder nur auf dein eigenes Wohlbefinden und lass dem kosmischen Einfluss ein wenig Spielraum, um einzugreifen. Versuche darauf zu vertrauen, dass das was eintreffen wird, das beste für dich ist.

Zusammengefasst in 4 Mantras

Diese 4 Ansätze kannst du dir für dein Notizbuch, verkürzt, in etwa so zusammen fassen:

  1. Hör auf deinen Körper
  2. Finde deinen natürlichen Flow
  3. Lebe authentisch
  4. Las los und übe dich in Vertauen in das Leben

Nehme dir jeden Morgen einen Moment Zeit um sie dir zu verinnerlichen oder finde eine Meditation dafür. Du kannst dich auch abends mit deinem Notizbuch hinsetzen und aufschreiben, inwiefern du den Tag über diesen Weisheiten gefolgt bist. 

Wenn du diese 4. Ansätze in dein Leben integrierst, wirst du dich plötzlich lebendiger fühlen, und mehr Frieden in dir erlangen. Denn zum Einen beschäftigst du dich mit deinen festgefahrenen Verhaltensmustern, die du seit Jahren mit dir umher trägst, und zum Anderen wirst du dadurch völlig neue Erfahrungen machen.

Du brichst aus dem sinnlosen Kreislauf von negativem Denken aus und beseitigst Blockaden, von denen du bisher nicht einmal wusstest, dass sie existieren.

Es ist immer wieder spannend, wie die Weisheiten aus alten Kulturen selbst heute noch von großer Bedeutung sind. 

Mehr zum Thema Wu Wei findest du hier.

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